Tills D&D Ecke

Erste Schritte als DM: Eine vorgefertigte Kampagne muss nicht vorgefertigt bleiben.

Quelle: http://thecampaign20xx.blogspot.co.at/2016/03/dungeons-dragons-guide-to-curse-of.html

Als ich mich entschlossen habe Curse of Strahd als fertige Kampagne zu verwenden, da war das vor allem der Tatsache geschuldet, dass ich mich einfach zu unerfahren gefühlt habe um gleich eine eigene Kampagne zu starten.

Also habe ich mich hingesetzt und Schritt für Schritt das Buch durchgearbeitet, übersetzt (wer meine Unterlagen haben will, soll es mich bitte einfach wissen lassen) und mich dabei keinen Millimeter von den Vorgaben entfernt.

Mittlerweile haben beide Gruppen in etwa Stufe 5 erreicht und befinden sich nun in Mitten von Vallaki, einem Dorf das in der Kampagne als Knotenpunkt dient und darüber hinaus zu einem zentralen Kernpunkt beider Gruppen geworden ist.

Ich habe fast das Gefühl, meine beiden Gruppen haben vergessen, dass es ein größeres Ziel gibt und ihre Aufmerksamkeit voll auf Vallaki, all seine politischen, menschlichen und ökonomischen Verstrickungen gerichtet.

Aber warum ist das so?

Einerseits sicherlich, weil das Kampagnenbuch mir als DM in Vallaki zum ersten Mal eine Vielzahl an unterschiedlichen Handlungssträngen bietet, die man einfließen lassen kann (aber nicht muss) und die alle – wenn man es darauf anlegt – auch miteinander verknüpft sein können. Es gibt einfach viel zu tun in Vallaki.

Andererseits sicher auch, weil die Gruppen bisher von Ort zu Ort geschickt wurden und nun einen Punkt erreicht haben wo die Spieler es leid sind gleich wieder weiter zu ziehen, ohne einmal etwas wirklich abgeschlossen zu haben.

Aber vor allem hängen meine Gruppen in Vallaki fest, weil mir endlich der Knopf aufgegangen ist, wie man ein Kampagnenbuch als Grundlage für eigene Geschichten nutzen kann. Das Buch schafft einen Background (Barovien) und einen übergeordneten Plot (Strahd ist böse – ups, Spoiler), aber Vallaki selbst bietet endlich die Möglichkeit die Stadt mit eigenem Leben und eigenen Geschichten zu befüllen und Handlungsstränge zu verknüpfen. (Klar, das Dorf Barovia hätte das auch geboten, aber da war ich selbst einfach noch nicht so weit).

Ich will an dieser Stelle ein großes Lob an Wizards of the Coast aussprechen, denn ich habe das Gefühl, dass Vallaki nicht ganz unbeabsichtigt so angelegt ist.

Am besten lässt sich das so veranschaulichen:

Das Buch gibt einem folgende Bausteine:

Baron Vargas, Bürgermeister: Feiert gerne Feste und ist etwas neben der Spur.
Lady Fiona Wächter: Ist die „creepy“ Lady die gerne den Baron loswerden würde und auch sonst ein paar schräge Sachen macht.
Vater Lucien: Ist der Dorfpriester, dem gerade etwas Wertvolles gestohlen wurde.
Henrik van der Hoort: Ist der Sargmacher, der ungebetene Gäste hat.
Izek Strazni: Ist der „Sheriff“ der Stadt und trägt ein dunkles Geheimnis mit sich.
Gadolf Blinsky: Der verrückte Spielzeugmacher, der für ein paar Lacher gut ist.
Rictavio: Ist ein Barde, der mehr ist als er scheint.
Familie Martikov: Sind die Besitzer der Dorfkneipe (aber nicht nur).
Und so weiter und so fort.

Man findet auch bereits ein paar Hilfestellungen wie man die einzelnen Handlungsstränge verknüpfen könnte, aber das ist nicht zwingend gegeben.

Als meine beiden Gruppen also ursprünglich in Vallaki angekommen sind bin ich noch davon ausgegangen, dass sie Schritt für Schritt die jeweiligen „Quests“ absolvieren und dann weiter ziehen.

Aber je mehr die jeweiligen Gruppen sich involvierten, desto klarer hat sich abgezeichnet, dass Vallaki einfach MEHR braucht (und ich einfach mehr WILL).

Um es (verhältnismäßig) kurz zu halten erkläre ich, was sich tatsächlich in Vallaki abspielt. Da meine beiden Gruppen immer noch mitten drin sind, habe ich die Passagen, die NICHT FÜR EUCH – ja ihr wissen wen ich meine! – bestimmt sind in dem grauen Kasten „versteckt“. Wenn ihr nicht regelmäßig an meinem Tisch sitzt, dann klappten den Text aus und lest ihn, ansonsten: Finger Weg!

Spoiler!

Eine Revolution steht an und die Spieler sind der berühmte letzte Tropfen der das Fass zum überlaufen bringt. Ich habe den Baron als despotischen Irren angelegt, der völlig realitätsfremd ist. Sein Sheriff Izek wird zum Spielball der Gruppe – je nachdem wie sie entscheiden kann es sein Wohl oder Wehe bedeuten.

Lady Wächter ist die große Verschwörerin und plant einen Anschlag auf den Baron. Aber sie kann es sich nicht leisten selbst im Rampenlicht zu stehen, also braucht sie die Gruppe. Sie wird dabei erst auf die Gruppe aufmerksam, wenn diese sich einen Namen gemacht hat (Wenn sie z.B. dem Dorfpriester helfen). Der wiederum (so gibt es die Kampagne vor) führt die Gruppe über kurz oder lang zum Sargmacher, wo die Gruppe ohne es zu wissen auf Lady Wächters bevorzugtes Instrument der Rache stößt: Im Haus des Sargmachers haben sich Vampire eingenistet.

Lady Wächter plant die Vampire beim bevorstehenden Fest des irren Barons auf ihn und seine Familie loszulassen, aber dafür braucht sie einen Sündenbock. Sie wartet also ab, wie die Gruppe mit dem Vampiren umspringt. Sollte es der Gruppe gelingen die Vampire auszuschalten muss sie auf ihren Notfall-Plan zurückgreifen und sieht bestätigt, was befürchtet hat: hier ist eine neue Partei im Spiel, die man besser auf seine Seite zieht, oder schnell ausschaltet.

Einer meiner Gruppen ist es nicht gelungen die Vampire auszuschalten und so hat Lady Wächter den perfekten Sündenbock gefunden: Sie bietet der Gruppe ihre „Hilfe“ bei dem Vampir-Problem an, wenn die Gruppe im Gegenzug etwas für sie tut. Sie ist sehr überzeugend und bald hat die Gruppe das Gefühl, dass sie zu unrecht als die Böse dargestellt wird. Darauf schickt sie die Gruppe auf eine Mission, um in der Zwischenzeit die Vampire „fortzuschaffen“ und lässt die Gruppe im Glauben gemeinsam hätten sie das Dorf vor schrecklichem bewahrt.

Schließlich naht das Fest und die eine Gruppe hat es nicht nur nicht geschafft die Vampire auszuschalten, sie hat sich darüber hinaus auf Lady Wächters Hilfe eingelassen.  Die andere Gruppe konnte mithilfe von Unterstützung durch die Martikovs und Vater Lucien, die sie erfolgreich zur Zusammenarbeit bewegen konnten, die Vampire ausschalten und sind ein gutes Stück näher daran Lady Wächters Pläne zu vereiteln.

Vallaki lebt!

Wo die „Quests“ ursprüngich noch als einzelne Aufgaben angelegt waren, entstand mehr und mehr ein ganzes zusammenhängendes Ereignis, das sich nachhaltig auf die Entwicklung Vallakis auswirkt.

Was ist in der Zwischenzeit in Vallaki passiert?

Eine der beiden Gruppen hat mittlerweile den Tod der Baronsfamilie verschuldet, musste fliehen, wurde gefangen genommen, hat sich bei einem spektakulären Gefängnisausbruch befreit, die Kaserne in der sie festgehalten wurden gekapert und als Operationsbasis für ihren ganz persönlichen Aufstand umfunktioniert.

Vallaki ist nun der Schauplatz eines Machtwechsels, der einhergeht mit dem Verlangen einer nach Vergeltung lechzenden Gruppe, die bereits den nächsten Umsturz plant.

Nichts davon steht im Buch, aber einmal mehr habe ich erlebt was den absolute Reiz von Pen & Paper ausmacht: Die völlige Freiheit eigene Geschichten zu verweben und dem Spiel seinen völligen eigenen Lauf zu lassen. Das Kampagnenbuch hat mir hier die ganze Grundlage geschaffen, Namen, Personen, Orte vorgegeben, aber mehr denn je fühlt es sich so an, als würden wir zusammen eine Geschichte erleben, die weder das Buch, noch ich selbst vorherbestimmt haben.

Ich kann es kaum erwarten zu sehen wie es weiter geht!